Ob auf der Straße, zu Hause, im Park, während der Arbeit oder in unserer Freizeit: an jedem Ort und in jeder Situation hören wir und nehmen unsere städtische Umwelt als eine klingende wahr. Der Klang der Stadt ist facettenreich und vielgestaltig und auch wenn wir uns dessen nicht immer bewusst sind, Klang ist ein fester Bestandteil unseres urbanen Lebens und als sinngeprägtes Phänomen trägt er entscheidend zu unserem Gesamterleben der Stadt bei.
Die Stadt klingt so, wie wir sie durch unsere Planung und Bauweise errichten und organisieren, wie wir sie durch unsere täglichen Aktivitäten beleben und wie wir sie als Personen, die von Empfindungen, Vorlieben und Vorstellungen geprägt sind, wahrnehmen. Der Klang der Stadt ist ein Phänomen, das aus unseren Interessen und Bedürfnissen hervorgeht; als etwas Sinngeprägtes entsteht dieser Klang aufgrund unzähliger persönlicher, gesellschaftlicher und kultureller Handlungen unseres täglichen Lebens.
Eine auditive Stadtplanung erkennt genau das an. Sie berücksichtigt von vornherein, dass wir unsere Umwelt differenziert hörend erleben und dass wir die klangliche Gestalt der Stadt durch unsere Art sie zu bewohnen und durch unsere individuellen und gemeinschaftlichen Entscheidungen verursachen. Eine auditive Stadtplanung beschränkt sich nicht auf eine bloße Vermeidung von Lärm. Sie nutzt die gesamte Bandbreite an klanglichen Qualitäten und arbeitet mit dem Potenzial, das sich aus der Vielschichtigkeit des auditiven Erlebens ergibt. Städte sind facettenreich und dynamisch, und ihr Klang sollte das auch sein. Planer können hierfür die Weichen stellen und dabei den notwendigen Freiraum für Entwicklungen lassen bzw. schaffen.
Eine solche auditive Stadtplanung existiert allerdings noch nicht. Bewusste Entscheidungen hinsichtlich der klanglichen Gestalt der Stadt werden über den Lärmschutz hinaus bislang nicht getroffen. Die Stadt klingt derzeit gerade nur so wie es sich unbeabsichtigt aus der Art und Weise, wie wir sie planen und bewohnen ergibt. Hierdurch entstehen immer wieder städtische Räume und Situationen, die wir als unangenehm oder unpassend wahrnehmen und die dem eigentlichen Planungsgedanken widersprechen.
In die heutige Planung lässt sich der Klang jedoch nicht ohne Weiteres integrieren. Für eine auditive Stadtplanung fehlt bislang schlicht das notwendige Fundament: Das Fundament das aus Wissen, Techniken, Verfahren, Werkzeugen, Legitimation, Zuständigkeiten, Vorbildern, Konventionen und auch Verständigungsstrategien besteht. Während sich in der visuell geprägten Architektur und im Städtebau über eine lange Zeit komplexe Abläufe herausgebildet haben, vom Erstkontakt des Auftraggebers mit den Planern, über das Erstellen und Unterbreiten erster Gestaltungsvorschläge mit Hilfe spezieller Techniken und Mittel, das Einbinden von Fachplanern und zusätzlichen Experten, weiter über die Genehmigung eines Bauvorhabens bei dafür zuständigen Ämtern bis hin zur Baurealisation, fehlen solche Abläufe, Strukturen und Mechanismen für die klangliche Dimension. Auch gebaute Vorbilder, die als Orientierung oder Inspiration dienen und im Bereich des Visuellen selbstverständlich sind existieren bezüglich des städtischen Klangs bislang praktisch nicht.
Mit seiner Forschung setzt Thomas Kusitzky genau an diesem Punkt an. Er fragt im Rahmen seiner Untersuchungen, welche die notwendigen Elemente eines Fundaments für die auditive Stadtplanung sind, an welchen Stellen es Entwicklungsbedarf hinsichtlich der Entstehung einer auditiven Stadtplanungspraxis gibt und welche Voraussetzungen diesbezüglich bereits erfüllt sind.